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Wind, Sand und Sterne

Wenn durchhalten beim Lesen, zur bereichernden Arbeit wird!

Was macht einen Menschen zum Helden? Wie findet der Mensch seine Berufung? Ist das Buchhaltersein erstrebenswert? Braucht es den Krieg um Verbundenheit zu finden? Warum sehnen sich so manche nach ihren düstersten Stunden?

‚Wind, Sand und Sterne‘ von Antoine de Saint-Exupéry ist ein Erfahrungs- und Erlebnisbericht, der in die Tiefen der menschlichen Seele streift. Saint-Exupéry beschreibt sein Leben, den Alltag der Menschen mit einem wohlwollenden und zugleich analytischen Blick. So manche physikalische Erklärung mündet in einer poetischen Zeile mit einem Gleichnis zum Leben.

Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass es einfach und genüsslich ist dieses Buch zu lesen. Es hat seinen Charme, aber es hat auch Stellen die für einen kurzen Augenblick verwirren oder einen großen gedanklichen Sprung aufweisen. Der Lohn für die von den Lesern erbrachte „Arbeit“ ist jedoch nicht zu verachten!

Einerseits spürt man bereits in den ersten Seiten die Begeisterung eines Piloten, wenn er das Flugzeug bändigt und menschliche Grenzen überschreitet, zugleich aber auch den Umgang mit Ungewissheit und Tod. Mit jenen Passagieren, die jeden Flug begleiten.

Man liest einen Bericht aus einer Zeit, wo das Fliegen noch harte Arbeit war und der Pilot in der Gesellschaft noch Privilegien und Ansehen genoss. Dennoch beschreibt Antoine de Saint-Exupéry seinen Alltag ausgewogen, als Mensch der versucht, nicht das eine ohne das andere zu sehen. Er versucht in jeder Begebenheit zu beobachten und zu lernen. Nur wenn nützlich, auch seine Schlüsse zu ziehen.

Das Buch ist gezwungener Maßen ein Kind seiner Zeit. Das beginnende 20. Jahrhundert ist nicht jene Welt, in der wir heute leben. Dennoch sind die Beobachtungen und Vergleiche die gezogen werden auch in unsere alltägliche Welt spiegelbar. Zwar fehlt die heute so stark forcierte Digitalisierung vollends, doch wird der Blick auf die damalige Industrialisierung und die Veränderungen, die damit verbunden sind zum Thema. Was macht der technische Fortschritt mit dem Menschen? Was ist erstrebenswert und wo sind die nützlichen Grenzen?

Besonders spannend war für mich das letzte drittel des Buches, wo Saint-Exupéry über seinen Absturz in der ägyptischen Wüste berichtet. Aus einem Bericht über das nackte Überleben, wird ein Meisterwerk an philosophischem Denken und Poesie. Seine realistischen Beschreibungen, die mit wissenschaftlichen Erklärungen beginnen und dann in tiefe existenzielle Fragen münden, zeigen seine außergewöhnliche Sicht auf die Besonderheit des menschlichen Fühlens und Denkens.

Wer dieses Buch vom Anfang bis zum Ende liest, findet viele kleine und große Lebensweisheiten verpackt in die alltägliche - oder sollte ich besser schreiben - außergewöhnliche Welt, in der wir uns bewegen.